Landesmutter in unruhigen Zeiten
Am 10. Oktober 1864 wurde Charlotte zu Schaumburg-Lippe in Böhmen geboren. Anlässlich des 160. Geburtstags der letzten Königin von Württemberg öffnet das Kloster und Schloss Bebenhausen seine Tore, um auf den Spuren dieser bemerkenswerten Frau zu wandeln. An der Seite König Wilhelms II. erlebte sie eine Zeit enormer politischer und gesellschaftlicher Umwälzungen. Mit der Abdankung Wilhelms II. im Zuge der Revolution 1918 bezog das nun ehemalige Königspaar Schloss Bebenhausen, in dem Charlotte bis zu ihrem Tod 1946 lebte. Ihr Appartement mit einem modernen Badezimmer von 1915/16 wirkt überraschend bürgerlich. In Führungen können Besucherinnen und Besucher diese Räume besichtigen und dabei mehr über die frühere Königin und das Schloss erfahren. Ein faszinierendes technisches Denkmal ist zudem die riesige Schlossküche zur Versorgung größerer Gesellschaften, deren Ausstattung dem damaligen technischen Fortschritt entsprach. Diese kann bis zum 31. Oktober an Wochenenden und Feiertagen von 11.00 bis 17.00 Uhr besichtigt werden. Danach werden die Räume über die Wintermonate geschlossen.
Schwieriger Start in Württemberg
Ihre ersten Jahre verbrachte Charlotte unbeschwert in Schloss Ratiboritz im heutigen Tschechien. Für eine Frau der damaligen Zeit ging sie schon früh ungewöhnlichen Interessen nach. Dazu zählen ihre Leidenschaft für den Pferde- und Wintersport, das Schießen und die Jagd. 1886 heiratete sie den württembergischen Thronfolger Wilhelm. Die Ehe mit dem 16 Jahre älteren Monarchen wird zumindest zu Beginn eine Vernunftehe gewesen sein. Wilhelm selbst trauerte noch um seine geliebte erste Ehefrau Marie zu Waldeck und den gemeinsamen früh verstorbenen Sohn, Prinz Ulrich. Anfangs stand die württembergische Bevölkerung der jungen Frau aus politisch unbedeutendem Hause zunächst skeptisch gegenüber. Charlottes Ernsthaftigkeit und Zurückhaltung wurden ihr in ihren ersten Jahren am Stuttgarter Hof als Arroganz ausgelegt. Der Druck, schwanger zu werden, lastete zudem auf ihr. Doch Charlotte wuchs in ihre Rolle hinein: Nach der Thronbesteigung Wilhelms II. 1891 zeigte sie als Königin großes Engagement für zahlreiche gemeinnützige Projekte und Einrichtungen.
Engagiert und kulturell interessiert
Bei Aufenthalten im königlichen Jagdschloss und ehemaligen Zisterzienserkloster Bebenhausen konnte sich das Paar seinen Verpflichtungen bei Hofe zeitweise entziehen. Hier gingen sie ihren gemeinsamen Leidenschaften wie der Jagd nach. Das Königspaar verband auch die Liebe zur Musik, dem Theater und den schönen Künsten. Nicht zuletzt dank ihrer persönlichen Förderung entwickelten sich das Königreich mit der Hauptstadt Stuttgart kulturell rasch weiter. Als Landesmutter erwarb sich Charlotte das Ansehen der Bevölkerung. 32 wohltätigen Institutionen stand sie als Schirmherrin vor, wobei ihr die Mädchenbildung und Förderung von Frauen ein besonderes Anliegen waren. Im Ersten Weltkrieg pflegte sie als Krankenschwester Typhuskranke im Lazarett. Einen tiefen Einschnitt brachte schließlich die Novemberrevolution.
Ein neues Kapitel in Bebenhausen
Im Zuge der landesweiten Revolution 1918 musste das Königspaar abdanken und floh tief getroffen nach Bebenhausen. Bis zu Wilhelms Tod 1921 lebten die beiden, nun als Herzog und Herzogin zu Württemberg, abwechselnd in Bebenhausen und Schloss Friedrichshafen. Charlotte überlebt ihn um 25 Jahre. Eine Rente des württembergischen Staates ermöglichte ihr einen ruhigen Lebensabend mit einer kleinen Schar Bediensteter. Sie setzte sich für die Gemeinde Bebenhausen ein und war besonders bei den Kindern beliebt, denen sie regelmäßig Leckereien aus der Schlossküche brachte. Am 16. Juli 1946 starb Württembergs letzte Königin und fand mit Wilhelm in Ludwigsburg ihre letzte Ruhestätte. Die privatesten Räume dieser vielschichtigen, engagierten und modernen Persönlichkeit können bei Führungen durch das Schloss Bebenhausen besichtigt werden.
Service und Information
ÖFFNUNGSZEITEN
Schloss
Die Innenräume von Schloss Bebenhausen mit dem Appartement Königin Charlottes sind nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen
1. April bis 31. Oktober
Di – Fr 11.00 – 17.00 Uhr
Sa, So, Feiertag 10.00 – 17.00 Uhr
1. November bis 31. März
Di – Fr 14.00 – 17.00 Uhr
Sa, So, Feiertag 11.00 – 17.00 Uhr
Letzte Führung jeweils um 16.00 Uhr
Schlossküche
1. April bis 31. Oktober
Sa, So, Feiertag 11.00 – 17.00 Uhr
1. November bis 31. März
Geschlossen
Kloster
1. April bis 31. Oktober
Mo – So, Feiertag 09.00 – 17.00 Uhr
1. November bis 31. März
Di – So, Feiertag 10.00 – 17.00 Uhr
Letzter Einlass jeweils 16.30 Uhr
KONTAKT
Kloster und Schloss Bebenhausen
Im Schloss
72074 Tübingen-Bebenhausen
Telefon +49(0)70 71.60 28 02
info@kloster-bebenhausen.de